Wenn du Kleinunternehmer bist, kennst du das Problem: Full Service-Zahlungsanbieter wie Share it (jetzt MyCommerce), Affilicon und Digistore24 stellen dem Endkunden immer Mehrwertsteuer in Rechnung, die sie dir bei der Auszahlung abziehen. Dir entgehen auf diese Weise 20% des Gewinns, denn als Kleinunternehmer müsstest du keine MwSt. abführen. Was kannst du dagegen tun und ist es überhaupt immer von Nachteil? Hier die Antworten.
Ich habe zu diesem Thema bei allen drei Anbietern nachgefragt und stelle dir deren Rückmeldungen im Folgenden vor. Wenn du es aber eilig hast, hier das Wichtigste aus allen Antworten zusammengefasst.
Die Mehrwertsteuer wird ohne Ausnahme abgezogen
Die schlechte Nachricht vorweg: Man kann es nicht verhindern, dass die Zahlungsanbieter die Mehrwertsteuer abziehen und an das Finanzamt abführen. Man kann nichts in den Einstellungen ändern und es hilft auch nichts, wenn man dem Zahlungsanbieter mitteilt, dass man Kleinunternehmer ist. Warum nicht?
Weil sowohl MyCommerce, Affilicon und Digistore24 nach dem Resellermodel arbeiten, was rechtlich bedeutet:
- Du verkaufst nicht direkt an den Endkunden. Der Zahlungsanbieter kauft dein Produkt und verkauft es an den Endkunden weiter.
- Da der Zahlungsanbieter der Verkäufer ist, stellt er dem Endkunden auch die Rechnung aus. Da der Zahlungsanbieter kein Kleinunternehmer ist, muss er natürlich Mwst. abführen.
- Du erhältst vom Zahlungsanbieter (normalerweises pro Monat, das kannst du meist selbst festlegen) eine Gutschrift für alle Produkte, die er dir abgekauft hat. Minus seiner Marge und eben der MwSt.
Kurzum: Wenn du einen Full Service-Zahlungsanbieter als Kleinunternehmer nutzen willst, musst du in Kauf nehmen, dass 20% Mehrwertsteuer abgezogen werden, die du dir vom Finanzamt nicht anderweitig zurückholen kannst. Das ist aber nicht immer von Nachteil, wie du im Folgenden siehst.
Wie du daraus einen Vorteil ziehst
(Hinweis: Ich habe die folgenden Aussagen zum aktuellen Steuerrecht gewissenhaft recherchiert, aber ich übernehme keine Haftung für deren Aktualität und Richtigkeit. Für verbindliche Informationen kontaktiere bitte deinen Steuerberater.)
Seit 01.01.2015 ist eine neue Regelung zur Mehrwertsteuer in Kraft getreten. Sie betrifft besonders Verkäufer digitaler Produkte, die direkt über das Internet heruntergeladen werden können. Also bspw. E-Books, Filme, Audio-Dateien etc.
Besagte Regelung legt fest, dass die MwSt. in dem Land abgeführt werden muss, in dem der Käufer des Produkts wohnt. Verkaufst du also dein digitales Produkt in alle Länder der EU, müsstest du in jedem dieser Länder um eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ansuchen, bzw. wenn möglich dort deinen Status als Kleinunternehmer festlegen. Soweit ich weiß, gibt es die Kleinunternehmer-Regelung aber gar nicht in allen EU-Ländern. Auf alle Fälle, wäre es ein immenser Aufwand.
Wenn du nun aber einen Zahlungsanbieter mit Resellermodel nutzt, wie es Affilicon, MyCommerce und Digistore24 sind, verkaufst du plötzlich nur mehr an einen Käufer und zwar an eine Firma und keine Privatperson. Da es sich um eine Firma und keinen Endkunden handelt, kannst du eine Reverse-Charge-Rechnung ausstellen bzw. erhältst vom Zahlungsanbieter eine Reverse-Charge-Gutschrift und musst dich um keinerlei MwSt.-Angelegenheiten in diversen EU-Ländern kümmern. Du hast pro Monat eine einzige Gutschrift, die in deine Buchhaltung einfließt, statt dich mit mehreren UID-Nummern und Steuerbescheiden aus verschiedensten EU-Ländern herumschlagen zu müssen. Ein immenser Vorteil.
Noch ein Hinweis zur Reverse-Charge-Regelung: Diese besagt, dass bei einem Verkauf von Firma zu Firma (als Firma gilt, wer eine UID hat) die Steuerschuld auf den Empfänger übergeht. In diesem konkreten Fall geht bei einer Reverse-Charge-Gutschrift also die Steuerschuld auf den Zahlungsanbieter über. Darum verrechnet er dem Endkunden die 20% MwSt. und du hast dich dafür diesbezüglich um nichts mehr zu kümmern.
Wie du Reverse-Charge-Rechnungen ausstellst bzw. RC-Gutschriften richtig handhabst, und ob du dafür eine UID brauchst, bespreche bitte mit deinem Steuerberater. Ich weiß aber, dass man genau zu diesem Zweck auch als Kleinunternehmer eine UID beantragen kann, ohne auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichten zu müssen. Falls dir dein Steuerberater hier falsche Auskunft gibt (manche kennen sich da selber erschreckend wenig aus), frag hartnäckig bei deinem Finanzamt nach.
Beim Verkauf digitaler Produkte ist die Nutzung eines Zahlungsanbieters, der die Abgabe der MwSt. für dich übernimmt also sogar ein immenser Vorteil. Beim Verkauf physischer Produkte oder Dienstleistungen an Endkunden gilt das Gleiche. Einzig, wenn du an einen anderen Kleinunternehmer im EU-Ausland verkaufst, könntest du ihm dein Produkt direkt über eine Reverse-Charge-Rechnung günstiger verkaufen, da du keine MwSt. ausweist und er auch keine abführe muss. Beim Kauf über einen Zahlungsanbieter ist die Mehrwertsteuer hingegen schon inkludiert und der Kleinunternehmer-Käufer muss sie zahlen.
In 80% der Fälle ist es durch die aktuelle MwSt-Regelung aber ein immenser Vorteil, wenn du einen Full Service-Zahlungsanbieter nutzt.
Die Rückmeldungen von Affilicon, Digistore24 und MyCommerce zum Thema Kleinunternehmer und Mehrwertsteuer im Wortlaut
Vorab meine Anfrage:
Sehr geehrte Damen und Herrn,
ich stelle Ihre Plattform auf meinem Blog Shop-Betreibern vor und habe diesbezüglich eine Frage:
Kleinunternehmer aus Österreich müssen keine MwSt. abführen bzw. können sich diese auch nicht zurückholen. Bei Ihnen wird die MwSt. aber soweit ich weiß immer ausgewiesen und abgeführt. Kann man dies irgendwie umgehen oder ist dies nicht änderbar? Kleinunternehmer verlieren auf diese Weise nämlich 20% des Gewinns, den sie behalten könnten, wenn sie selbst ohne Plattform verkaufen würden. Ich weiß, dass Sie nach dem Resellerprinzip arbeiten und gehe daher davon aus, dass es nicht änderbar ist, aber wenn doch, wäre dies ein riesiger Vorzug Ihrer Plattform gegenüber Ihren Mittbewerbern.
Danke für die Info!
Herzliche Grüße
David Asen
Im Folgenden die Rückmeldungen:
Affilicon
Seit Januar 2015 gilt die Regelung, dass der Steuersatz des Empfängerlandes bei dem Erwerb von elektronischen Produkten abgeführt werden müssen.
Beispielsweise würde dann der Deutsche, der ein Produkt eines Österreichers erwirbt, 19 % Mwst. zahlen. Die Provision die der österreichische Unternehmer jedoch von uns als Widerverkäufer erhält, wird ohne Steuer ausbezahlt.
Die Abgabe der Steuer übernehmen wir komplett. Da wir, wie gesagt, der Widerverkäufer sind und deshalb für die korrekte Abgabe der Umsatzsteuer verantwortlich.
Der Vendor verbucht deshalb nur den Beleg der Provision, die er am Ende von uns ausbezahlt bekommt.
Sollten Sie noch Fragen haben, können Sie sich gerne bei mir melden.
Digistore24
Dies lässt sich nicht ändern.
Prinzipiell arbeiten wir mit dem Resellermodell und sind umsatzsteuerpflichtig.
Das bedeutet, dass wir Ihr Produkt “kaufen” und Ihnen eine Lizenzgebühr auszahlen pro Verkauf. Daher sind wir der Vertragspartner des Endkunden und Verkäufer.
Das vereinfacht das Procedere der Abrechnungen für Sie – Sie erhalten eine Sammelzahlung anstatt vieler einzelner zu buchender Posten und wir übernehmen die Rechnungsstellung gegenüber den Kunden. Wir übernehmen auch das Umsatzsteuermanagement: Seit dem 1.1.2015 gilt ein neues Umsatzsteuergesetz, das relativ kompliziert ist: Aus welchem EU-Land auch immer Ihr Kunde (Ihres digitalen Produkts) kommt, müssen Sie als Verkäufer dort die Steuern zahlen. Diese Komplexität nehmen wir Ihnen ebenfalls ab. Wir erheben die jeweilige Steuer beim Kunden und führen Sie beim richtigen Finanzamt ab. Sie müssen hierbei nichts weiter tun.
- Ist Ihr Unternehmen in Deutschland und Sie umsatzsteuerpflichtig, so bekommen Sie Ihre Provisionsauszahlung brutto.
- Ist Ihr Unternehmen in Deutschland und Sie ein Kleinunternehmer, so bekommen Sie Ihre Provisionsauszahlung netto.
- Wenn Sie ein Unternehmen außerhalb der EU haben, erhalten Sie Ihre Auszahlungen von uns immer netto.
Ihre Einnahmen, die Sie von uns ausbezahlt bekommen, müssten Sie dann noch versteuern.
Weiterführende Informationen zum Resellermodell können Sie auch hier einsehen:
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und wünsche noch einen schönen Tag!
MyCommerce
Wie Sie bereits richtig anmerkten, agieren wir gegenüber unseren Herstellern als Reseller und sind daher verpflichtet, MwSt. von den Endkunden einzubehalten und an die Steuerbehörden abzuführen. Daran lässt sich leider nichts ändern, zumal wir natürlich auch weiterhin legal arbeiten wollen und werden. :) Steuerliche Fragen in Bezug auf Kleinunternehmertum müssten die Shop-Betreiber mit ihren Steuerberatern klären.
Wir bedauern, dass wir Ihnen keine anders lautende Antwort geben können und danken für Ihr Verständnis.
Fazit: Soll ich ein Online-Bezahlsystem als Kleinunternehmer nutzen?
Ja, beim Verkauf digitaler Produkte auf jeden Fall.
Erstens vereinfacht es deine Buchhaltung immens. Statt unzähliger einzelner Posten, hast du nur mehr einen Beleg pro Monat.
Zweitens übernimmt der Zahlungsanbieter das gesamte MwSt-Management für dich, das mittlerweile sehr komplex ist, wenn du ins EU-Ausland verkaufst.
Möchtest du über besagte Online-Bezahlsysteme keine digitalen Produkte verkaufen, sondern Dienstleistungen und physische Produkte, kläre mit deinem Steuerberater, wo für diese die Steuerpflicht liegt. Liegt Sie bei dir im Inland, musst du als Kleinunternehmer keine MwSt. abführen und kannst deine Produkte so günstiger an den Endkunden verkaufen. Liegt die Steuerpflicht im Ausland, werden wieder alle Vorteile des Zahlungsanbieters aktiv und der Verkauf über eine Plattform wie MyCommerce, Digistore24 oder Affilicon ist die richtige Wahl.
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